Strassenverkehr

Strassenverkehr Auf Schweizer Strassen haben vorletztes Jahr so viele Menschen ihr Leben verloren wie seit sieben Jahren nicht mehr. Für die BFU ist klar: Unfallprävention bleibt eine Daueraufgabe.

Der Sinus 2023 zeigt es auf: 2022 sind in der Schweiz im Strassenverkehr 241 Menschen ums Leben gekommen, rund 4000 wurden schwer verletzt. Damit gab es 20 % mehr Todesopfer im Strassenverkehr als im Vorjahr und so viele wie seit sieben Jahren nicht mehr. Die Zahl der Schwerverletzten stieg um 2 %.

Die Analysen der BFU zum Unfallgeschehen auf Schweizer Strassen sowie die Erhebungen der wichtigsten Sicherheitsindikatoren sind deshalb weiterhin dringend notwendig. Sie bilden die Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen und wirksamen Präventionsmassnahmen. 

2023 führte die BFU schweizweite Erhebungen durch: zur Gurtentragquote in Personenwagen, zur persönlichen Schutzausrüstung beim Motorradfahren, zur Helmtragquote beim Velo- und E-Bike-Fahren sowie zur Ablenkung. Die Auswertungen wurden laufend veröffentlicht und der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht – u. a. in den Publikationsreihen Status (Statistik der Nichtberufsunfälle und des Sicherheitsniveaus in der Schweiz), Sinus (Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen im Strassenverkehr) sowie in diversen themenspezifischen Erhebungsberichten.

E-Bike auf der Strasse

Die Zahl der tödlich Verunfallten hat am stärksten bei den E-Bike-Fahrerinnen und E-Bike-Fahrern sowie bei den Autoinsassinnen und Autoinsassen zugenommen.

Langsamverkehr besonders betroffen

Prägnant und aufschlussreich: Das ist das Sicherheitsbarometer der BFU. Die Ausgabe 2023 zeigt, dass die Zahl der tödlich Verunfallten am stärksten bei den E-Bike-Fahrerinnen und E-Bike-Fahrern sowie bei den Autoinsassinnen und Autoinsassen zugenommen hat. Mit 40 Getöteten sind auch Fussgängerinnen und Fussgänger häufig betroffen. 

Tempo 30 rettet Leben

Vor allem innerorts besteht grosser Handlungsbedarf. Hier sterben auf Tempo-50-Strecken jedes Jahr 80 Menschen, 1900 werden schwer verletzt. Mindestens ein Drittel dieser schweren Unfälle liesse sich verhindern, wenn Tempo 30 innerorts überall dort eingeführt würde, wo es die Verkehrssicherheit erfordert. Die BFU setzt sich deshalb für eine differenzierte und sicherheitsorientierte Tempogestaltung innerorts ein, die den situativen Gegebenheiten Rechnung trägt: Tempo 30 soll innerorts auch auf Streckenabschnitten verkehrsorientierter Strassen gelten, wenn diese z. B. beidseitig dicht bebaut und wenn viele Velofahrerinnen und Fussgänger unterwegs sind. 

Tempo-30-Zone mit Schild des Tempolimits

Wie kann das grosse Rettungspotenzial von Tempo 30 für die Verkehrssicherheit ausgeschöpft werden, ohne dass die Hierarchie und Funktionalität des Strassennetzes beeinträchtigt wird? Diese Frage diskutierte die BFU im vergangenen Jahr am Forum Strassenverkehr.

Doch wie kann das grosse Rettungspotenzial von Tempo 30 für die Verkehrssicherheit ausgeschöpft werden, ohne die Hierarchie und Funktionalität des Strassennetzes zu beeinträchtigen? Diese Frage diskutierte die BFU im vergangenen Jahr am Forum Strassenverkehr mit Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland. Dabei stellte sie das Modell 30/50 vor, das konkrete Empfehlungen für die Umsetzung enthält. So ist es z. B. wichtig, dass die verkehrsorientierten Strassen vortrittsberechtigt bleiben, damit der Verkehrsfluss gewährleistet ist und es nicht zu Ausweichverkehr kommt. Welchen Stellenwert die Tempogestaltung in der Verkehrsplanung der Städte und Dörfer haben soll, müssen aber letztlich Politik, Behörden und die Bevölkerung entscheiden. 

Alkohol am Steuer ist tödlich

Alkohol ist ein zentraler Risikofaktor im Strassenverkehr. Die BFU hat 2023 in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Polizeikorps sogenannte «Roadside Surveys» durchgeführt. Ziel war es, den Anteil von Fahrten unter Alkoholeinfluss zu ermitteln. 

Erste Auswertungen zeigen: Weniger als 4 % der Fahrten in der Schweiz finden unter Alkoholeinfluss statt. Allerdings sind rund 12 % der schweren Personenschäden auf Alkohol zurückzuführen.

Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden zudem Fahrten unter Einwirkung von Substanzen wie Medikamenten oder Drogen erfasst. Dies bildet die Grundlage für eine zukünftige, gesamtschweizerische Erhebung dieser Substanzen am Steuer.

Alkohol ist ein zentraler Risikofaktor im Strassenverkehr. Die BFU hat 2023 in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Polizeikorps sogenannte «Roadside Surveys» durchgeführt.

Systemgrenzen des automatisierten Fahrens

Mit praxisnahen Tests von Fahrerassistenzsystemen (FAS) in Kooperation mit dem TCS hat die BFU im vergangenen Jahr Automobilistinnen und Automobilisten für sicherheitsrelevante FAS sensibilisiert. Gleichzeitig setzte sie ihre Forschungsaktivitäten fort. 2023 wurden gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) aus Österreich und dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) umfangreiche Feldversuche durchgeführt. Bei einem Rundkurs im Realverkehr rund um den Bodensee und auf einer Teststrecke in Linz wurden drei verschiedene Fahrzeuge mit automatisierten Fahrfunktionen getestet. Die Tests zeigten, dass die Systeme z. B. bei schlechter Witterung an ihre Grenzen kommen. Fahrer und Fahrerin müssen deshalb auch mit eingeschalteten FAS immer konzentriert und aufmerksam bleiben. Denn: Wer fährt, trägt die Verantwortung.

Höhere Sicherheit durch bessere Infrastruktur

Eine gute Strasseninfrastruktur und Signalisation erhöhen die Verkehrssicherheit. Anhand der GIS-Plattform MEVASI kann die BFU die Wirksamkeit von Infrastrukturmassnahmen abschätzen. Darin sind 2500 Massnahmen aus 28 Kategorien detailliert erfasst. Für sieben dieser Kategorien sind statistisch gesicherte Erkenntnisse vorhanden. Die 2023 veröffentliche Wirkungsanalyse «Massnahmenevaluation Verkehrsinfrastruktur MEVASI» zeigt dabei unfallreduzierende Effekte von bis zu 66 %.

2023 führte die BFU den ersten italienischsprachigen Kurs zu den Infrastruktur-Sicherheitsinstrumenten (ISSI) durch. Der Road-Safety-Audit-Zertifikatskurs stiess dabei auf ein derart grosses Interesse im Tessin, dass nun jährlich ein ISSI-Kurs angeboten wird.

Kartenset zu den Risikodialogen

Mit den «Risikodialogen» können die Fahrschülerinnen und Fahrschüler auf ihre individuellen Unfallrisiken aufmerksam gemacht werden.

Unfallprävention als Teil der Fahrausbildung

Die Unterrichtsmaterialien der BFU für die Aus- und Weiterbildung von Fahrerlehrerinnen und Fahrlehrern haben sich 2023 weiter etabliert.

Ein Beispiel: Mit den «Risikodialogen» können die Fahrschülerinnen und Fahrschüler auf ihre individuellen Unfallrisiken aufmerksam gemacht werden. Dieses Einsatzmittel basiert auf der sogenannten GDE-Matrix (Goals for Driver Education).

Die unteren Ebenen der Matrix beschreiben die Fahrzeugbedienung und das Verhalten im Verkehr, die oberen Ebenen persönliche Einstellungen und Motive für die Fahrt. Hier werden die Entscheidungen getroffen, die das Fahrverhalten prägen. Mit der Implementierung der «Risikodialoge» strebt die BFU einen Paradigmenwechsel in der Schweiz an – der Fokus sollte mehr auf den Einstellungen und Motiven liegen.

Die neu entwickelten Schulungseinheiten der BFU rund um das Thema Motorrad und Fahrerassistenzsysteme sollen die Grundausbildung von Motorradfahrlehrerinnen und -fahrlehrern sowie die obligatorischen Weiterbildungen verbessern. Sie lassen sich einfach in der täglichen Praxis umsetzen.

Mit der Plattform vkuquiz.ch bietet die BFU ein virtuelles und innovatives Trainingstool zur Gefahrenerkennung für Lernfahrerinnen und Lernfahrer an. Die schweizweite Verbreitung entwickelte sich 2023 positiv, das Quiz etabliert sich zunehmend in den Schweizer Fahrschulen.

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